Liebe Eltern,
in den nächsten Wochen wird die Klassenlehrerin Ihres Kindes mit Ihnen darüber sprechen, welche Schulform für Ihr Kind aus der Sicht der Schule die Richtige ist. Dieser Vorschlag für eine Schulform berücksichtigt neben den schriftlichen und mündlichen Leistungen auch andere Fähigkeiten, die für einen erfolgreichen Besuch einer weiterführenden Schule notwendig erscheinen.
Um diese Fähigkeiten bei Ihrem Kind einzuschätzen, können Sie folgende Beobachtungen durchführen:
1. Wie fasst mein Kind Neues auf?
Je mehr ein Kind in einer weiterführenden Schule lernen muss, desto besser muss die Auffassungsgabe sein, um den Lernstoff aufnehmen zu können. Beobachten Sie bitte:
- Wie schnell versteht es Anweisungen für häusliche Tätigkeiten oder Besorgungen?
- Findet es selbständig Lösungen für Probleme, die im täglichen Leben auftreten?
- Wie viel Hilfe braucht es, um neuen Stoff aus der Schule (z. B. neue Sachaufgaben in Mathematik) umsetzen zu können?
2. Wie gut ist das Gedächtnis meines Kindes?
Die Merkfähigkeit des Gedächtnisses ist bei den Menschen unterschiedlich ausgeprägt. Beobachten Sie bitte bei Ihrem Kind:
- Wie schnell lernt bzw. lernte es auswendig (Gedichte, Liedtexte, Monatsnamen, Alphabet, Einmaleins)?
- Wie gut kann es das Gelernte nach längerer Zeit wiedergeben?
- Wie viel kann es vom Unterricht in Sachkunde, von Lesetexten u. Ä. zu Hause erzählen?
3. Welchen sprachlichen Entwicklungsstand hat mein Kind?
Je nach Schulart steht entweder das anschaulich-praktische Lernen (Realschule, Hauptschule) oder das Lernen über die Sprache im Vordergrund. Besonders im Gymnasium werden hohe Anforderungen an die Sprachfähigkeit gestellt. Beobachten Sie bitte:
- Wie groß ist der Wortschatz? (Kennt es z.B. viele Körperteile, die Gegenstände des Haushaltes, Teile des Fahrrades / Autos, verschiedene Ausdrücke für „gehen“, „sprechen“?
- Wie erklärt es Sachverhalte? Verwendet es dabei die passenden Begriffe?
- Wie gut liest Ihr Kind vor?
- Wie sicher schreibt es? (Rechtschreibung, richtiger Satzbau, richtige Grammatik, passende Wortwahl)
- Wie flüssig und leserlich schreibt es?
4. Wie lernt und arbeitet mein Kind?
Ein angemessenes Arbeitsverhalten ist mitentscheidend für den Schul- und Berufserfolg. Die Begabung allein ist keine Garantie für einen guten Schulabschluss. Beobachten Sie bitte bei Ihrem Kind:
- Wie selbständig arbeitet es? (beispielsweise bei der Mithilfe im häuslichen Bereich, beim Erledigen der Hausaufgaben)
- Wie zuverlässig erledigt es (unbeliebte) Aufgaben? (z.B. Pflege eines Haustieres, übertragene Aufgaben im Haushalt, Einkäufe)
- Wie sorgfältig arbeitet es? (z.B.: Heftführung, Ausarbeitung von Zeichnungen in Bildender Kunst)
- Wie geht es mit Arbeitsmaterial um?
5. Wie konzentrationsfähig ist mein Kind?
Von der Konzentrationsfähigkeit hängt es ab, wie lange ein Kind im Unterricht „bei der Sache“ bleiben und mitlernen kann und in welcher Zeit es beispielsweise Übungsaufgaben in der Schule oder zu Hause erledigt. Die altersgemäße Konzentrationszeit in den Klassen 4 oder 5 beträgt 20 – 25 Minuten. Beobachten Sie bitte:
- Wie lange bleibt das Kind „bei der Sache“? (Spiel, Zuhören bei Geschichten, Erledigen der Hausaufgabe)
- Wie reagiert es beim Spielen und Arbeiten auf Störungen? (Ablenkbarkeit)
- Kann es auch „langweilige“ Aufgaben konzentriert erledigen?
6. Wie verhält sich mein Kind in der Gemeinschaft?
Das Lernen hängt stark vom Wohlbefinden in der (Lern-)Gemeinschaft ab. Sowohl Kontaktängste (z.B. Angst vor neuen Lehrern / Lehrerinnen) als auch Anpassungsschwierigkeiten (z.B. ständiger Streit mit anderen Kindern) erschweren das Lernen. Beobachten Sie bitte:
- Wie sind die Kontakte zu Kindern in der Nachbarschaft und in der Klasse?
- Wie knüpft es Kontakte zu Erwachsenen?
- Wie verhält es sich in besonderen Situationen? (z.B. bei Geburtstagsfeiern, Festen im Verwandten- und Bekanntenkreis, im Urlaub)
7. Wie belastbar ist mein Kind?
Die neuen Bedingungen an den weiterführenden Schulen (weiterer Schulweg, Bus fahren, größere Schulen und Klassen, mehr Lehrkräfte, zusätzliche Fächer) stellen hohe Anforderungen an die körperliche und seelische Belastbarkeit. Überbelastung kann zu körperlichen Symptomen oder Verhaltensauffälligkeiten und damit zu Lernerschwernissen bei Ihrem Kind führen.
- Welche Reaktionen zeigt es vor besonderen Ereignissen (z.B. vor Wettkämpfen im Sportverein, vor Theater- oder musikalischen Auftritten, vor größeren Reisen, vor Klassenarbeiten?
- Wie groß ist das Durchhaltevermögen (z.B. bei körperlicher Anstrengung, beim Üben eines Musikinstrumentes u. Ä.)
Falls Sie nicht schon Erfahrung mit Geschwistern Ihres Kindes haben, wird die Einschätzung der Fähigkeiten Ihres Kindes sicherer, wenn Sie es mit anderen Kindern vergleichen:
- Beobachten Sie Klassenkameraden, Kinder aus der Verwandtschaft und Nachbarschaft beim gemeinsamen Spielen oder Erledigen der Hausaufgaben.
- Unterhalten Sie sich mit ihnen und achten Sie darauf, wie sie erzählen und erklären.
- Sprechen Sie mit Eltern von Kindern, die sie kennen, über ihre Erfahrungen in weiterführenden Schulen.
Nehmen Sie bitte den Gesprächstermin mit der Klassenlehrerin Ihres Kindes wahr und besprechen Sie dort noch eventuelle Fragen.
Mit freundlichen Grüßen
(M. Nonnast)
Schulleiterin